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15.05.2023

Geballte Frauenpower

Geballte Frauenpower

Die Möglichkeiten, sich eine Lebensform zu wählen, ist für Ugandas Frauen sehr unterschiedlich: Wenige können selbst entscheiden, viele sind total abhängig. Umso bemerkenswerter ist die große Zahl an Frauen in Führungspositionen in der Partner NGO von KINDERN EINE CHANCE / A Chance for Children (ACFC): Fünf von acht großen Schulen und vier von fünf Behinderteneinrichtungen werden von Frauen geleitet. Geschäftsführerin mit inzwischen 420 Angestellten ist die 36jährige Betty Nabulimu.

Viele von diesen tüchtigen Frauen wurden schon in ihrer eigenen Ausbildung von ACFC unterstützt. Betty zum Beispiel kam über ihre jüngere Schwester zu ACFC, deren Schulbesuch von der Organisation finanziert wurde. Da sie aber ihre eigene Schulbildung bereits abgeschlossen hatte, fand Betty zunächst als Matron im Schulinternat einen Job, und im Anschluss wurde ihr dann das Stdium zur Sozialarbeiterin finanziert. Nach erfolgreichem Studienabschluss „hatte ich Glück“, denn es wurde gerade der Posten als Kassierin frei. „Ich war glücklich, eine solche Chance zu bekommen. Viele meiner Kolleg*innen waren trotz erfolgreichem Studienabschluss lange auf Arbeitssuche.“

Betty war tüchtig und ehrgeizig, sie arbeitete sich als rechte Hand des Obmanns der ugandischen Organisation von Kindern eine Chance hoch und lernte die Managementbasics.  Als die Vereins- und die Organisationsleitung getrennt wurden, wagte sie den Sprung an die Spitze selbst Managerin zu werden. „Ich war erst Mitte 20 und es gab genug, die dachten, ,sie ist zu jung‘. Aber es ist auch eine Frage des Selbstvertrauens und wie man sich so eine Position aneignet. Das erste Jahr war nicht leicht, aber meine Kolleg*innen sahen meine Konsequenz, meine Striktheit und akzeptierten mich.“  Als wichtigste Aufgabe der Geschäftsführerin sieht Betty, dass nicht nur gesagt wird, was zu tun ist, dass es nicht nur um Zielvereinbarungen geht. Es müsse vor allem auch kontrolliert werden, ob gemeinsam Vereinbartes umgesetzt werde. Und wenn nicht, welches die Ursachen dafür sind. 

Heute ist die vierfache Mutter die „europäischste“ CEO der gesamten Organisation. „Stefan Pleger und Gabi Ziller waren meine Lehrmeister“, meint sie bescheiden. Regelmäßig fährt sie in alle Distrikte, besucht Schulen, Behinderteneinrichtungen und Werkstätten. Leitet zahlreiche Meetings, motiviert Lehrer*innen bei Workshops, kontrolliert, ob wirklich die Bedürftigen unterstützt werden. Eine gute Managerin allein an der Spitze reich natürlich nicht, sagt sie. Es komme sehr auf das Team an, auf die gute Zusammenarbeit mit den Schuldirektor*innen, den Sozialarbeiter*innen und Werkstättenleiter*innen.

Wie schwierig ist es für sie persönlich, Beruf und Familie zu vereinbaren? Es ist nicht immer einfach, meint Betty. Wenn sie auswärts ist, Meetings länger dauern oder sie aufgrund von Regenfällen im Feld stecken bleibt. „Aber ich habe helfende Hände – mein Mann unterstützt mich, meine Schwester hilft bei der Betreuung des Jüngsten und auch mein Dienstmädchen, das schon seit 8 Jahren bei mir ist, hilft mir sehr. Es ist schon beruhigend zu wissen, dass die Kinder gut betreut sind, wenn ich auswärts bin.“ Und wie oft sieht sie selbst ihre Kinder? „Ich nehme mir vor allem an den Wochenenden Zeit für sie!“

Gefragt, wie sie die Bedeutung von A Chance for Children in Zentraluganda einschätzt, leuchten ihre Augen und es sprudelt nur so aus ihr hervor: „ACFC hat in den vergangenen 15 Jahren zahllosen Kindern eine Ausbildung ermöglicht, vor allem den besonders Bedürftigen, die sonst gar keine Chance auf Bildung gehabt hätten. Und was ich der Organisation hoch anrechne und wofür ich  unendlich dankbar bin, sie achtet auf qualitätsvolle Bildung. Für jene, die keinen Schulabschluss schaffen, bieten wir Berufsausbildung – sei es Tischler*innen, Schuhmacher*innen, Schneider*innen oder Brunnenbauer*innen.“ Denn in der Organisation werden vor allem auch Mädchen animiert, handwerkliche Berufe zu lernen.

Worauf ich aber besonders stolz bin und ich für das Herz unserer Organisation halte, das ist die Behindertenarbeit“, sagt Betty Nabulimu. Erstens bieten Chancengleichheit und Integration von behinderten und nichtbehinderten Kindern wenig andere Organisationen an. Und wenn, dann in der Hauptstadt oder zu horrenden Schulgebühren. „Vor unserer Arbeit waren viele beeinträchtigte Kinder zu Hause versteckt, wurden in keiner Weise gefördert oder ausgebildet. Bei ACFC erhalten sie Ausbildung, Therapie und andere Formen der Unterstützung, um möglichst ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. So lernen auch Eltern und Nachbarn, dass selbst Beeinträchtigte sehr gute Erfolge erzielen können. Erst 2022 hat der erste körperlich Behinderte ein First Level Degree in einer allgemeinen Schule geschafft.“ Wenn Betty über die Behindertenarbeit oder über die Schulerfolge von Kindern aus ärmsten Verhältnissen spricht, klingt Stolz und Begeisterung aus jedem Wort.

Und wo sieht die tüchtige Managerin die Organisation in 5 Jahren? Betty Nabulimu: „In den vergangenen zehn Jahren ist die Organisation rasch gewachsen. Wir haben inzwischen Schulen und Kindergärten in fünf verschiedenen Bezirken. Aber unsere Erfolge bestärken uns darin, unsere Arbeit auch auf andere Landesteile auszudehnen, wo auch viele bedürftige und behinderte Kinder leben. Vor allem wenn die Spendenfreudigkeit in Österreich so anhält, wofür wir ausgesprochen dankbar sind.“

Das Gespräch mit Betty führte Astrid Zimmermann 2022 während ihres Aufenthaltes in Uganda. 

Betty Nabulimu war anlässlich der 15 Jahresfeier von KINDERN EINE CHANCE im April 2023 für 14 Tage gemeinsam mit drei weiteren Mitarbeiterinnen aus Uganda in Tirol zu Besuch,