Wenn ich an Viola denke, fällt mir zuerst ihr bezauberndes Lächeln und ihr wacher Blick ein. Viola war seit 2008 – also von Anfang an - Mitglied der „Kindern eine Chance Familie“. Sie kam als Schülerin der St. Mary’s School ins Patenprogramm und war eine von denen, „die man nicht vergisst“. Bereits in der Primary 6 Klasse hat sie durch ihr gutes Englisch beeindruckt. Sie hat im ersten Lesewettbewerb, den wir 2009 organisiert haben, für ihr Team eine Ziege gewonnen, weil sie die Beste im Buchstabieren, Vorlesen und Wörterbuch-Spiel war. Mit unseren ersten Volunteers hat sie viel gesungen, ein paar Wörter Deutsch gelernt. Sie war nie scheu. Im Gegenteil, sie war neugierig und interessiert und hat immer den Kontakt zu den „Muzungus“; den Weißen, gesucht.

Nach Abschluss der Secondary School wollte sie eigentlich ein Jahr in der Christoph-Bettermann-Schule arbeiten. Das ist Angebot von uns an alle Absolventen, um ihnen später eine Berufsausbildung zu ermöglichen. Aber ihrer Familie war es sehr wichtig, dass sie sofort Matura macht. Mit vereinten Kräften haben sie die finanziellen Mittel aufgetrieben, um Viola direkt weiter zur Schule zu schicken. Eine schöne Entwicklung, die wir sehr begrüßt haben. Auch auf die Universität hat sie es geschafft. Sie hat immer nebenbei gearbeitet und die Familie war weiterhin unterstützend zur Seite. Wir haben ihr mit Schulmaterialien ausgeholfen. Viele in unserer Organisation waren mit Viola befreundet und so konnten wir ihren Weg hautnah mitverfolgen. Sie kam auch immer wieder zu Besuch ins Büro und ich habe mich immer sehr gefreut, wenn sich unsere Wege gekreuzt haben. Es war immer Zeit für ein Gespräch, ein kurzes Update über ihr Leben. Sie hat sich von dem aufgeweckten Mädchen, das wir alle ins Herz geschlossen haben, zu einer selbstbewussten, charmanten, klugen und bezaubernden jungen Frau entwickelt.

Nach Abschluss ihres Studiums an der Makerere Univesität ist Viola 2020 als Angestellte zurück in die Organisation gekommen. Zuerst hat sie im Büro als Unterstützung unserer Geschäftsführerin Betty gearbeitet. Als die Leitung der Christoph-Bettermann-Schule 1 nachzubesetzen war, hat Viola trotz ihres jungen Alters zuverlässig und gewissenhaft übernommen. Thomas Knapp, im Verein für die Behindertenarbeit zuständig, kannte Viola seit seiner Zeit als Volunteer 2011 gut. Er hat eng mit ihr zusammengearbeitet und hatte volles Vertrauen in sie. Wir haben einmal festgestellt, dass sie eine der schnellsten Uganderinnen ist, die wir kennen – in der Auffassung, in ihrer Sprache und auch in ihren Bewegungen.

Letztes Jahr haben wir ein neues „medical department“ geschaffen. Das ist die Abteilung, in der alle Operationen und Nachuntersuchungen für Kinder mit Behinderung koordiniert werden, wo die Medikamente für alle Schulen bestellt werden und das Therapiematerial gekauft wird. Die Leitung erfordert vertrauensvolles Finanzmanagement, sicheres Auftreten für die Vernetzung mit Krankenhäusern und internationalen medizinischen Organisationen sowie eine hohe Kommunikationsfähigkeit, um sowohl mit Ärzten, Therapeuten aber auch den Familien der Kinder sprechen zu können. Es gab niemand anderes außer Viola, dem wir diese Stelle anbieten hätten wollen. Sie hat die Aufgabe hervorragend gemeistert. Wir waren auf dem Weg, mit zahlreichen Krankenhäusern „memorandi of understanding“ zu unterschreiben, die die Zusammenarbeit noch erleichtern sollten. Sie hatte so viele Ideen für die Zukunft, war immer am neuesten Stand der Entwicklungen, wollte immer etwas verändern. Am Tag vor ihrem Tod hat sie noch einen Programmpunkt der Mitarbeiterklausur moderiert. Ganz spontan und sehr professionell und einfühlsam.

Am 21. Juli ist Viola Nabagala bei einem tragischen Verkehrsunfall im Alter von 26 Jahren tödlich verunglückt. Unsere Organisation hat eine wunderbare Mitarbeiterin und Zukunftshoffnung verloren. Wir alle, vor allem unser Team in Uganda, vermissen eine Freundin, Seelenverwandte und Vertraute. Jemand in Uganda hat gesagt “Also God needs good people. He chose among the best“. (auch Gott braucht gute Leute, er hat aus den Besten ausgewählt). Dem kann ich nichts hinzufügen.

(Gabi Ziller)